In einer 3-teiligen Blog-Serie behandeln wir eine Reihe von Herausforderungen bei der Elektrifizierung des Transportwesens – und was dafür getan wird.
Es scheint, als ob die Zukunft der Elektrifizierung einen Wendepunkt erreicht hat: Die Verkaufszahlen von E-Fahrzeugen sind weltweit in die Höhe geschnellt. Ein weltweiter Anstieg von 75 % im Jahr 2022 gegenüber 2021 zeigt, dass die Umstellung auf Elektroautos immer noch sehr erfolgreich ist. Mit einem Anstieg von nur 9 % bei den EV-Verkäufen in diesem Jahr in Europa (im Vergleich zu 65 % in 2021) ist dennoch deutlich zu sehen, dass viele Faktoren Herausforderungen und sogar Hindernisse auf dem Weg zur Elektrifizierung darstellen können.
Herausforderungen in der Lieferkette für Elektrofahrzeuge
Sie haben die Entscheidung getroffen, mit der Elektrifizierung Ihrer Flotte zu beginnen. Ihre erste Charge an Transport-EVs ist bestellt, aber Sie werden sie erst in zwei Jahren sehen! Warum? Batterie- oder Chipmangel, Covid-19 oder eine kriegsbedingte Krise – all das könnte der Grund sein.
Die heute üblichen EV-Batterien (NMC) benötigen Lithium, Nickel, Kobalt und andere Rohstoffe für die Produktion. Russland kontrolliert zufällig einen großen Teil der weltweiten Infrastruktur für die Versorgung mit Nickel und Kobalt sowie deren Abbau. Auch der Bedarf an Lithium ist gestiegen. Australien ist ein wichtiger Lieferant, aber die Nachfrage ist schwer zu bedienen. Das in den südamerikanischen Ländern reichlich vorhandene Lithium wird bisher nur unzuverlässig abgebaut und transportiert. China hat Lithium, braucht es aber für die eigene Produktion – dort boomt der Verkauf von E-Fahrzeugen immer noch. Und jetzt führt China noch eine weltweite Halbleiterknappheit herbei.
Verbunden mit Covid-19-Lockdowns, Personal-Engpässen in der Produktion, weiteren Volatilitätseffekten bei Öl und Gas, Energiepreisen und Inflation –und schon wird klar, warum die Umstellung auf Elektrofahrzeuge möglicherweise ihren Reiz verlieren kann.
Aber um dem zu entkommen, was Elon Musk „Produktionshölle“ nennt, gibt es bereits Vorhaben. Politische Maßnahmen wie Bidens jüngster Defense Production Act werden die Batterie- und Chip-Produktion ankurbeln. Dies sollte die nachhaltige nationale Rohstoffbeschaffung unterstützen, die Abhängigkeit von Importen verringern und die Auswirkungen geopolitischer Konflikte abfedern.
Die Produktion von mehr Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP) im Vergleich zu NMC-Batterien kann die Probleme bei der Mineralienversorgung wirksam reduzieren und die Nachhaltigkeit fördern. Halbleiter werden aus Silizium hergestellt und Chips finden sich heute in fast allem. Die Verwendung von Materialien wie SiC (Siliziumkarbid) und GaN (Galliumnitrid) als Alternativen zu Silizium könnte die Lieferkette für die Chip-Produktion vereinfachen.
Hoffen wir, dass die Nachwirkungen von Covid-19 abklingen und die für 2023 prognostizierte Rückkehr zu normalen Lieferkettenströmen eintreten werden.
Herausforderungen für Menschen und Planeten
Es ist völlig klar, dass ein überfüllter Planet mit benzin-betriebenen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor (ICE) die Klimakrise weiter verschärfen wird. Es ist auch eine Tatsache, dass die EV-Produktion bisher kein 100% grünes Unterfangen ist.
Elektrofahrzeuge sind emissionsfrei, aber die Emissionen aus Produktion und dem Verbrauch fossiler Brennstoffe sind hoch. Berücksichtigt man die Aufladung von Energiequellen im Netz, den Abbau von Mineralien für Batterien oder sogar den Feinstaub von Reifen, wird klar, dass die Herstellung von E-Fahrzeugen und die Energie-Infrastruktur umweltfreundlicher werden müssen. Wie bei vielen Herausforderungen gibt es bereits Lösungen – sie müssen nur noch weiter implementiert und ausgebaut werden.
Also, was kann unternommen werden?
- Entkopplung erneuerbarer Energien von Öl- und Gaspreismodellen, um erneuerbare Energien immun gegen die Volatilität des Marktes für fossile Brennstoffe und höhere Preise zu machen.
- Den Bergbau dezentraler und so nachhaltig wie möglich gestalten.
- Ausbau des Gigafactory-Modells der Mineralienbeschaffung und der lokalen Produktion für Batterien.
- Investitionen in neu gegründete EV-Hersteller nach dem Microfactory-Modell (wie Arrival), für eine umweltfreundlichere, lokalisierte Produktion.
- Förderung der Infrastruktur für das Recycling von Batterien.
- Förderung von Batterie-Innovationen wie billigeren, saubereren LFP-Batterien.
- Mehr Innovation und Einsatz von luftlosen, schwereren EV-spezifischen Reifen aus recycelten Materialien oder Biomasse.
Obwohl die Menschen Elektrofahrzeuge immer mehr annehmen, ist nicht jede:r davon überzeugt. Dies wird bis zu einem gewissen Grad durch Lobby-Arbeit und Thinktanks verstärkt. Giganten fossiler Brennstoffe müssen ihre Interessen schützen. Also zahlen sie, um sich über Wasser zu halten, indem sie die öffentliche Meinung beeinflussen – durch Greenwashing, „Sponsoring“ politischer Aktionsgruppen, Umgehung der Vorschriften und indem sie allgemein undurchsichtig agieren.
Befürchtungen wie die Reichweitenangst oder ohne Ladegerät stehen zu bleiben, werden mit den Fortschritten der Batterie- und Infrastruktur-Technologie zu reinen Mythen. Bisher treiben Anreize von Regierungen und OEMs, wie Subventionen, Sonderzugang oder Steuererleichterungen sowie Netto-Null-Ziele und Emissionsvorschriften, die Einführung von Elektrofahrzeugen weitgehend voran.
Die großen Transport- und Logistikunternehmen wie Amazon oder nationale Postagenturen elektrifizieren ihre Flotten bereits langsam aber stetig. Da OEMs immer mehr E-Transporter und sogar schwere Lkw-Modelle (eHDV) auf den Markt bringen, hat der Transport auf der mittleren und letzten Meile mehr Chancen, schneller elektrisch zu werden.
Das sind gute Nachrichten für den Planeten.
Herausforderungen bei den Gesamtbetriebskosten (TCO) von Elektrofahrzeugen
E-Fahrzeuge sind zu teuer! Und die oben erwähnten Probleme in der Lieferkette haben dazu geführt, dass die Preise im Jahr 2022 noch weiter steigen. Die Produktionskosten für Batterien sind nach wie vor der Hauptgrund dafür, dass EVs teurer sind als ihre ICE-Konkurrenten. Dennoch sinken die Kosten mit dem Fortschritt der Batterietechnologie schnell. Wenn diese Entwicklung anhält, könnten Prognosen, die auf die Preisparität von EV zu ICE im Jahr 2025 hindeuten, Realität werden.
Auf lange Sicht haben Elektrofahrzeuge niedrigere Gesamtbetriebskosten (TCO). Aber die anfänglichen Anschaffungskosten überwiegen für einige Käufer:innen immer noch die Attraktivität im Vergleich zu billigeren ICEs. Während der Listenpreis für Elektrofahrzeuge deutlich höher sein kann, sind die tatsächlichen Einzelkostenvergleiche (abgesehen von den Batterien) eher überraschend.
Was macht EVs so viel teurer?
- Batterien sind der Haupttreiber für höhere Kosten von E-Fahrzeugen.
- Die Abschreibung und die Zinsen für E-Fahrzeuge sind aufgrund des höheren Anschaffungspreises höher als bei Verbrennungsmotoren.
- Die Versicherungskosten für E-Fahrzeuge sind höher als für Verbrennungsmotoren – aufgrund des höheren Anschaffungspreises und des höheren Fahrzeuggewichts.
- Reifen müssen bei E-Fahrzeugen aufgrund des höheren Gewichts und Drehmoments häufiger ersetzt werden, was den Verschleiß beschleunigt.
Was sind also die TCO-Vorteile von Elektrofahrzeugen?
- Die Steuern für Elektrofahrzeuge sind aufgrund staatlicher Anreize signifikant niedriger als für ICEs.
- Viele Länder bieten Subventionen für den Kauf von Elektrofahrzeugen an.
- Die Wartung von E-Fahrzeugen ist seltener und billiger, da es weniger bewegliche Teile gibt!
- Elektrischer Strom ist viel billiger als Benzin – vor allem, wenn er aus erneuerbaren Energien stammt!
Einem Bericht von Leaseplan zufolge, in dem ein VW Golf mit einem VW ID.3 EV verglichen wird, sind die Gesamtbetriebskosten für E-Fahrzeuge jährlich rund 1 % niedriger als für ICEs. Überraschend, nicht wahr?
Langfristig gesehen ist ein Elektrofahrzeug, das eine längere Leasingdauer hat und viele Kilometer zurücklegt, in Bezug auf die Gesamtbetriebskosten attraktiver als ein ICE-Fahrzeug.
Das sind gute Nachrichten für Transport- und Logistikflotten.
In Teil 2 der Blogserie werden wir uns auf die spezifischen Herausforderungen der Elektrifizierung des gewerblichen Verkehrs konzentrieren – bleiben Sie dran!